Der Papa von Max und Moni

Rainer Benz, der Erfinder von Max und Moni | Bild: Michael Suter
Rainer Benz, der Erfinder von Max und Moni | Bilder: Michael Suter

Humor ist seine Leidenschaft, Zeichnen sein Talent. Mit Bleistift, Papier und Satire bringt Rainer Benz seit Jahren Leute zum Lachen – oder zum Nachdenken. Der Künstler aus Frick erzählt, wie er als gelernter Hochbauzeichner ein gefragter Comiczeichner wurde, obwohl sein Traumjob Skirennfahrer war.

«Ich liebe Asterix. Die Figur ist sensationell gezeichnet und dies nach alter Kunst. Bart Simpson ist hingegen zeichnerisch kein Highlight, allerdings ist seine Figur modern und trifft den aktuellen Zeitgeist mitten ins Herz. Hinter der Figur des zehnjährigen Lausbuben aus Springfield steckt viel mehr als nur ein gelbes, witziges Männchen, das doofe Sprüche klopft.» Rainer Benz‘ Augen glänzen, während er über die beiden Comicfiguren ins Schwärmen gerät. Der 44-Jährige verdient seit einigen Jahren seinen Lebensunterhalt mit Comiczeichnen. Etwas auf ein Blatt gekritzelt hat er schon immer gerne. «In der ersten oder zweiten Klasse der Primarschule entdeckte ich meine Kreativität. Ich zeichnete immer während den Schulstunden. Auch später in der Oberstufe während dem Franzunterricht, wenn es mir langweilig war.» Aber professioneller Comiczeichner zu werden, konnte er sich als Kind nicht vorstellen. Viel mehr träumte er davon, auf Skiern verschneite Hänge hinunter zu brettern, angefeuert von bimmelnden Kuhglocken und flatternden Schweizerfahnen – Rainer wollte Skirennfahrer werden. Er war lange Zeit Skilehrer in Savognin und Davos und als Rennfahrer nicht erfolglos. Er ist vierfacher Aargauer Meister. «Wenn ich zurück könnte, würde ich die FIS Lizenz lösen und einfach mal schauen, wie weit nach vorne ich komme», sagt Rainer etwas wehmütig. Gelernt hat Rainer dann schlussendlich Hochbauzeichner. Diesen Beruf übte er rund zwölf Jahre aus.

Der Weg zum Comiczeichner

Eines Tages erhielt er privat den Auftrag, für die damalige Regionalzeitung Aarau eine Zeichnung anzufertigen. Seit dann hatte er einen Fuss im Comicbusiness und arbeitete öfters für das lokale Blatt. Die Benni-Comics waren seine ersten bezahlten Aufträge. Irgendwann nahm er dann bei einem Comicwettbewerb des Boulevardblattes Blick teil und gewann prompt den ersten Preis. «Dadurch wurde eine Agentur auf mich aufmerksam und ermöglichte mir, für die Schweizer Illustrierte die Comicserie «Max und Moni» zu kreieren. Zur gleichen Zeit ging mein Arbeitgeber in Konkurs, und ich musste aufs Arbeitslosenamt. Da ich durch meinen Auftrag bei der Schweizer Illustrierten einiges an Geld verdiente, erhielt ich keine Arbeitslosenentschädigung. Also meldete ich mich wieder ab und wurde selbständig. Es war also ein Zufall, dass ich zum professionellen Comiczeichner wurde», erklärt Rainer. Seit seinen ersten Strichen in der Unterstufe hat sich manches verändert an seiner Arbeitsweise. «Früher konnte ich stundenlang an einer Zeichnung sitzen. Heute suche ich immer den schnellsten Weg, um ein Werk fertig zu stellen. Allerdings heisst das nicht, dass ich nicht mehr stundenlang an einer Arbeit sitze», schmunzelt Rainer. Während dem Zeichenunterricht erhielt er jeweils gute Noten, aber praktisch nie eine 6. «Es war auch nicht so, dass ich der beste Zeichner war. Es gab drei weitere Schulkameraden, die ähnlich gut gezeichnet haben wie ich. Aber sie alle hörten nach der Schule auf mit diesem Hobby. Ich blieb ständig am Ball und konnte mich so kontinuierlich steigern», reflektiert er. Durch den Auftrag für die Schweizer Illustrierte gelang Rainer der Durchbruch. Er lernte viele Leute kennen und gelangte so ständig an neue Aufträge.

Nach wenigen Strichen ist der Stil von Benz erkennbar. | Bild: Michael Suter
Nach wenigen Strichen ist der Stil von Benz erkennbar.

Künstlerische Freiheit

Wieso zeichnen Menschen? Rainer muss bei dieser Frage nicht lange überlegen: «Weil man mit Buchstaben nicht alles so gut darstellen kann, wie mit einer Zeichnung. Zudem kann man mit einer bildlichen Darstellung eine Thematik schneller auf den Punkt bringen.» Die kreative Arbeit gibt Rainer Freiheit. «Niemand diktiert mir, wie ich meine Arbeit zu erledigen habe. Die Auftraggeber wollen etwas Individuelles von mir. Beim Karikieren lässt sich die persönliche Note schwerer umsetzen, da weniger Kreativität eingebracht werden kann, als beispielsweise bei einem Comic. Karikaturen sind reine Fleissarbeiten. Du siehst das Gesicht einer Person und musst die Zeichnung nur noch technisch umsetzen. Viele Freiheiten bleiben da nicht – sonst wird die Person unerkennbar», meint der Zeichner. Am liebsten entwirft Rainer kleine witzige Geschichten mit eigens entwickelten Figuren. Um eine Figur ins Leben zu rufen, braucht er zwischen 20 Sekunden und fünf Stunden. Seine selbstkreierten Lieblingspropagonisten sind Keck, der in der Schreinerzeitung die Lernenden auf Gefahren am Arbeitsplatz aufmerksam macht und Fricktalino, das Maskottchen der Neuen Fricktaler Zeitung. «Dieser Zeichenstil läuft mir am einfachsten von der Hand», sagt Rainer. Seinen Stil hat er übrigens selbständig entwickelt und nirgends abgekupfert, deshalb ist er auch so einzigartig. Seine Geschichten erfindet Rainer grösstenteils selbst. Manchmal wird ihm vom Auftraggeber ein Thema vorgegeben, bei der Umsetzung hat Rainer aber meistens freie Hand. «Hauptsache ist, dass die Zeichnung beim Zielpublikum gut ankommt. Dafür braucht es eine mit viel Witz verpackte klare Botschaft und eine gelungene zeichnerische Umsetzung. Fehlt eines dieser Elemente, funktioniert ein Comic nicht», sagt der Fricktaler.

Schattenseiten des Jobs

Eigenständiger Comiczeichner zu sein, hat allerdings nicht nur Vorteile. «Da ich eine One Man Show liefere am Arbeitsplatz, zog ich früher abends häufig mit Freunden durch die Strassen. Dabei kompensierte ich das Alleinsein. Ich riss dann jeweils viele Witze und wir hatten es lustig», grinst Rainer. Mittlerweile hat sich Rainer bei einem Architekturbüro in Frick eingemietet. Dadurch ist er tagsüber nicht mehr alleine. Auch abends ist er nicht mehr regelmässig auf der Gasse, da er seit kurzem stolzer Papa ist. An seinem Arbeitsplatz hängen sogar erste Zeichenversuche seines Sohnes. Als Comiczeichner ist es schwierig, eine Familie zu ernähren. Serienaufträge sind rar, daher gehe es finanziell immer auf und ab. Auch sei es nicht immer simpel, frische Ideen zu finden. Gerade bei Serienaufträgen mit gleichbleibender Thematik sei es schwierig, kontinuierlich originelle Werke zu liefern. «Wenn ich bei einem Auftrag anstehe, hilft es manchmal, bei anderen Zeichnern zu recherchieren, wie sie eine Thematik umgesetzt haben. Aber häufig brauchen gute Ideen einfach viel Zeit», so der Künstler. «Manchmal muss man sich auch gut überlegen, was man zeichnet. Schliesslich muss ich in der Öffentlichkeit gerade stehen dafür. Es gibt Themen, die schreien danach, veräppelt zu werden. Aber wenn du dann etwas mutig darstellst und es kommt auf dem falschen Kanal, kann man sich die Finger verbrennen. Es gab Leute, die meine Cartoons in der Zeitung angegriffen haben und mir vorwarfen, dass ich am Thema vorbeigeschossen habe; aber das gehört zum Business. Es kommt auch vor, dass mich ein Auftraggeber bittet, eine Zeichnung zu entschärfen. Dieses Phänomen tritt seit der Digitalisierung häufiger auf. Mit den heutigen Computerprogrammen geht alles schneller. Mit ihnen können Skizzen digital koloriert und Effekte hervorgezaubert werden. Die andere Seite der Medaille ist, dass bei den Auftraggebern das Gefühl entsteht, dass sie bis zur letzten Sekunde noch Änderungswünsche anbringen können. Die Zeiten, als mit der Entwurfsfreigabe der Prozess abgeschlossen war, sind eindeutig «Tempi passati».»

Persönliche Helden

Die belgischen Comiczeichner Franquin (Gaston Lagaffe) und Georges Prosper Remi alias Hergé (Tim und Struppi) sowie der Franzose Albert Uderzo (Asterix und Obelix) sind Rainers grösste Vorbilder und ganz persönliche Helden. «Diese Zeichner finde ich seit meiner Kindheit klasse. Früher sammelte ich viele Comics von ihnen. Heute sammle ich nur noch ganz spezielle Sachen. Beispielsweise gelangte ich kürzlich an ein «Asterix und Obelix» mit Originalunterschrift. Vor 20 Jahren ging mir ein Original-Gaston durch die Finger, das passiert mir nie mehr. Die Zeichnung kostete damals einen Lehrlingsmonatslohn und ich konnte sie mir nicht leisten. Heute bezahlst du locker das Zehnfache», so Rainer. Momentan findet er die Simpsons klasse. Auch Spongebob Schwammkopf findet er interessant. Zeichnerisch sei es zwar miserabel, aber – mit einer Schnecke die «Miau» macht – äusserst kreativ.

Erschienen in der Zeitschrift 1A!Aargau
Autor: Michael Suter